Interview mit Paul Hoepner über die Fahrradreise nach Shanghai
Hallo Paul!
Ich hatte in meinem Blog ja schon über Euch berichtet, und mich würde jetzt noch mal interessieren: Wie seid Ihr überhaupt auf die Idee gekommen, diese Reise so zu machen? Warum nach Shanghai? Und warum mit dem Fahrrad?
Schon mit 14 Jahren haben wir unsere erste Fahrradtour gemacht: Wir wollten damals um den Bodensee fahren, was aber erstmal nicht geklappt hat. Aber dann, zwischen 2008 und 2011 haben wir einige Touren erfolgreich hinter uns gebracht und sind unter anderem von Maastricht nach Mailand, von Berlin nach Budapest und von Berlin nach Norwegen gefahren.
Wir haben dabei gemerkt, dass es beiden von uns Spaß macht, dass so eine Reise eine gute Möglichkeit für uns ist, sowohl Abenteuer zu erleben als auch als Brüder Zeit miteinander verbringen zu können. Die Reisegeschwindigkeit bei einer Radtour finden wir optimal: Sie ist schnell genug, um vorwärts zu kommen, aber noch langsam genug, um von der Umgebung und den Ländern etwas mitzubekommen. Shanghai an sich hat uns als Reiseziel zunächst gar nicht gereizt. Wir wollten diesmal einfach von Berlin aus die längst mögliche Landstrecke Richtung Osten fahren, eine Himmelsrichtung, die wir noch nie gefahren waren.
Wir haben mehrere Touren vorher schon gemacht, in unserem Leben. Die erste war, glaub ich, als wir 14 waren, einmal wollten wir um den Bodensee fahren, hat aber nicht funktioniert, da sind wir sozusagen gescheitert. Dann von 2008 bis 2011, z.B. von Maastricht nach Milano, von Berlin nach Budapest, von Berlin nach Norwegen. Und haben da so ne Art gefunden, Abenteuer zu erleben, mit dem Fahrrad, die uns als Brüder auch irgendwie beiden Spaß macht, und wo wir beide so ein bisschen Zeit füreinander hatten, um zusammen zu finden. Eine Aktivität sozusagen, wo wir beide Spaß dran haben und was zusammen machen können.
Und nach Shanghai zu fahren, konkret die Idee, kam von Hansen. Das war ganz schlicht einfach von Berlin aus die für uns längst mögliche Landstrecke Richtung Osten, also eine Himmelsrichtung, die wir noch nicht gefahren waren. Und deswegen haben wir gesagt: Shanghai. Das war der einzige Grund. Und mit dem Fahrrad eben genau deswegen, weil die Fortbewegungsgeschwindigkeit grade hoch genug ist, um so was auch zu schaffen, aber eben auch nicht zu schnell ist, um von den Ländern so viel zu verpassen, oder von der Umgebung.
Was war Dein schönster Moment auf der Reise?
Ich glaube, ich spreche auch für meinen Bruder, wenn ich sage: Das war definitiv der Moment, als wir auf 5250 Meter auf dem höchsten Pass auf unserer Strecke im Himalaya standen. Wir wollten immer schon unbedingt mal „richtig“ ins Himalaya fahren. Allerdings waren wir zunächst daran gescheitert, über Kashgar nach Tibet einzureisen. Darum haben wir versucht, eine Alternativroute durch den nicht-autonomen Teil von Tibet zu finden. Und als wir es dann tatsächlich so weit hoch geschafft hatten und da oben standen, haben wir beide einfach nur noch ein wahnsinniges Glücksgefühl gehabt. Das war das allerbeste Erlebnis auf der ganzen Tour.
Und was war der schlimmste Moment?
Das war in Kasachstan, als wir für unsere Blauäugigkeit schwer bezahlt haben. Es ist nämlich nicht so, dass man überall auf der Welt als Radfahrer herzlich willkommen ist …. Auf jeden Fall sind wir in Kasachstan von ziemlich betrunkenen Typen verprügelt worden, weil wir nicht mit ihnen mittrinken wollten. Das haben die uns übel genommen, sind uns mit dem Auto hinterhergefahren und haben uns von der Straße abgedrängt. Gott sei dank hat uns letztendlich ein LKW-Fahrer, der uns von der Tour schon kannte, mit seiner Brechstange gerettet.
Würdet Ihr sagen, dass Ihr auch noch andere Fehler gemacht habt, auf der Reise oder schon bei der Planung? Würdet Ihr heute irgendwas anders machen?
Wir haben eine Menge Fehler gemacht. Wir sind zum Beispiel einmal aus Versehen nach Kaliningrad reingefahren, ohne ein russisches Visum zu haben. Das hat uns letztendlich viel Geld gekostet, hätte uns aber unter Umständen auch zehn Jahre Haft in Russland einbringen können.
Aber ganz allgemein gehört es ein bisschen zum Stil unserer Touren dazu, „Fehler“ zu machen. Darum planen wir nur, was wirklich notwendig ist. Natürlich versuchen wir, ernsthafte Fehler, die schwerwiegende Konsequenzen zur Folge haben könnten, zu vermeiden. Aber wir wollen uns die Möglichkeit auf Überraschungen und Abenteuer erhalten, wir wollen, dass unvorhersehbare Sachen passieren, bei denen man dann improvisieren muss. Das ist, was uns Spaß macht.
Würdet Ihr so eine Reise denn noch mal machen? Plant Ihr vielleicht sogar schon Eure nächste Reise?
Auf jeden Fall! Wir wollen uns noch mal steigern und von Feuerland nach Alaska fahren. Das sind 25.000 Kilometer, also fast doppelt so viel wie auf der Tour nach Shanghai. Auch im Bezug auf die Länder, durch die wir fahren, ist das noch mal eine ganz andere Nummer.
Bisher war das eher harmlos, aber zum Beispiel Kolumbien oder auch Paraguay gehören nicht unbedingt zu den Regionen, die sich so einfach mit dem Fahrrad bereisen lassen. Wir müssen bei dieser Tour unbedingt sorgfältiger planen, als wir es bisher getan haben. Aber auch hier wollen wir uns eine gewisse Naivität beibehalten, um Abenteuer erleben zu können.
Welches sind Deiner Meinung nach die drei wichtigsten Dinge, die man bei der Reise bzw. bei der Vorbereitung oder Planung beachten sollte? Was würdest Du jemandem, der so was vorhat, als Rat mitgeben?
Das Allerwichtigste ist, jemanden zu haben, mit dem man das auch wirklich durchziehen kann. Ich glaube, daran scheitert es bei den meisten Leuten, die so eine Tour planen. Es geht nicht darum, sich mit seinem Reisepartner immer gut zu verstehen, denn das ist unmöglich bei der langen Zeit, die man miteinander verbringt und bei all den physischen und psychischen Anstrengungen. Der optimale Partner für so eine Reise ist jemand, mit dem man sich richtig heftig streiten und danach auch wieder richtig gut versöhnen kann.
Für die Planung ist es wichtig, sich einen fixen Termin für das Ende der Reise zu setzen. Das ist schwer, wenn man direkt von zu Hause losfährt und nicht an Flug- oder Zugpläne gebunden ist. Aber es ist wichtig, weil es sonst immer noch irgendetwas gibt, das man noch machen und planen könnte und sich das ganze einfach nur immer mehr nach hinten rausschiebt. Und wie gesagt: So wenig wie möglich und so viel wie nötig planen.
Mein dritter Ratschlag wäre, darauf vorbereitet sein, dass man auf so einer Reise auch scheitern kann, dass man nicht am Ziel ankommt, dass es vielleicht sogar besser oder gesünder ist, aufzugeben als weiterzufahren. Das sollte man gegenüber Verwandten, Freunden, Sponsoren, aber vor allem sich selbst gegenüber eingestehen können, denn man geht ansonsten vielleicht Risiken ein, die lebensgefährlich oder gesundheitsschädlich sind.
Vielen Dank!
Paul und Hansen haben ihre Erfahrungen in einem Buch beschrieben, das es mittlerweile auf die SPIEGEL-Bestsellerliste gebracht hat. Das Buch gibts bei Amazon oder aber auf der Webseite von Paul und Hansen – dort könnt ihr sogar ein signiertes Exemplar bestellen.
Robin
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